In unserer westlichen Welt orientieren wir uns mehr an dem, was uns nicht gefällt, als an dem, was uns gefällt. Nehmen wir zum Beispiel eine Schüssel voller Maden, in deren Mitte sich eine wunderschöne rote Erdbeere befindet. Und jetzt sitzen wir im Restaurant und freuen uns auf einen köstlichen Erdbeersalat. Just in dem Moment, wo wir genüsslich mit dem Löffel zulangen wollen, sticht uns eine einzige Made, die sich mittendrin befindet, ins Auge. Igitt! Schon faszinierend, in beiden Fällen nimmt der Ekel überhand.
Auch am Arbeitsmarkt wird oft schneller erkannt, was jemand nicht kann, als worin jemand gut ist. Wir sind einfach zu stark fehlerorientiert und das ist nicht wirklich förderlich.
Unser Hund Jinno sind Fehler fern, er liebt Spazierengehen und Strickiwerfen. Stricki ist sein Lieblingsspielzeug. Und das ist das, was er mit voller Leidenschaft das ganze Jahr über machen kann. Wenn wir ca. 300 Mal im Jahr Strickiwerfen gehen, muss er geschätzte 200 Mal unter die Dusche, weil er schmutzig wird. Aber er hasst duschen. Er mag kein Wasser seitdem er vor acht Jahren in einen See gefallen ist. Trotzdem muss er 200 Mal von 300 Tagen im Jahr duschen gehen. Und jedes Mal fasziniert es mich, dass er weder davor noch danach irgendwelche Zeit an negative Gedanken vergeudet. Wenn wir heimkommen, setzt er das erbärmlichste Dreitageswettergesicht auf, das es gibt. Das hält dann vier Minuten lang, dann ist das Duschen vorbei und danach ist es ihm völlig egal. Er lebt nur im Hier und Jetzt und vergeudet keine Zeit mit negativen Gedanken. Wenn wir hingegen eine Tätigkeit vollrichten müssen, die uns nicht zu Gesicht steht, leiden wir den ganzen Tag darunter und dieser Gemütszustand wirkt sich auf andere Tätigkeiten hinderlich aus. Oder wir beschäftigen uns mit steigenden Arbeitslosenquoten und Wirtschaftskrisen.
Das tun wir aber erst, seitdem wir Erwachsen sind, als Kind hat das noch keine Rolle gespielt. Überlegen Sie einmal: Im Alter von ein bis drei Jahren lernen wir mehr als je danach im ganzen Leben. Wenn Sie glauben, die Schule oder das Studium sind schwierig – das ist lächerlich im Vergleich. Wir lernen in dieser kurzen Zeit unseren Körper zu kontrollieren, zu gehen und zu hüpfen, eine oder sogar mehrere Sprachen und wir müssen die gesamte Welt erst für uns entdecken. Und es funktioniert! Aus dem einfachen Grund, weil uns niemand einredet, dass es nicht funktionieren kann. In der Volksschule geht es dann schon langsam los mit der Fehlerorientierung. Vielleicht erinnern Sie sich, als Sie schreiben gelernt haben. Wenn ein Kind zum ersten Mal schreibt, arbeitet der ganze Körper mit, die volle Energie und die Freude etwas Neues zu schaffen steckt da drinnen. Und dann kommt der trivialisierte Erwachsene her und sagt „das zweite Bogerl vom M ist aber nicht so schön wie das erste Bogerl“. Bravo! Und dann geht es los, wir wissen nicht mehr wie uns geschieht und lernen Fehlerorientiertheit von der Pieke auf. Sie prägt uns weiter, bis heute. Immer dorthin zu schauen wo Probleme sind, wirft uns zurück anstatt uns nach vorne zu bringen.
Ein weiteres Phänomen sind gruppenübernommene Glaubenssätze*. Vielleicht kennen Sie folgendes Experiment. Man versuchte Affen in einem großen Käfig zu erziehen. Auf der einen Seite des Käfigs hing eine Bananenstaude. Was musste geschehen, damit niemals wieder ein Affe versuchte sich eine Banane zu gönnen? Man bespritzte das Tier mit Wasser, denn Affen mögen kein Wasser? Nein, die Wissenschaftler wussten eine subtilere Methode. Nämlich, die Gruppendynamik zu nutzen. Sie duschten nicht den Affen ab, der die Banane holen wollte, sondern die restliche Gruppe. Und so lernten sie, wenn ein Affe nach vorne geht, um eine Banane zu holen, werden die anderen bestraft. Die Lösung der Affen war, jenes Äffchen, das sich Richtung Bananen bewegte, zu verprügeln. Klar, dass sich keiner aus der Gruppe mehr getraut hat, eine Banane zu essen. Danach wurde einer der Affen ausgetauscht. Der neue Affe hatte natürlich keine Ahnung und steuerte schnurstracks auf die Bananenstaude zu und wurde verprügelt. Zu diesem Zeitpunkt mussten die anderen Affen nicht mal mehr mit Wasser bespritzt werden. Sie handelten aus Erfahrung. Als alle Affen ausgetauscht waren, verprügelten sie neu hinzukommende Affen, ohne zu wissen warum.
Wahnsinn, oder? Warum glauben wir eigentlich, dass man ab einem Alter von 50 Jahren keinen Job mehr bekommt? Oder, dass Kinder kriegen einen an der Karriere hindert? Es sind übernommene Ängste der Gesellschaft und müssen nichts mit Ihnen gemein haben.
Der Traumjob sollte kein Mythos bleiben.
Es wird Sie aber bestimmt nicht wundern, dass es zusätzlich zu den Glaubenssätzen noch andere Faktoren gibt, die uns nicht in die Karte spielen. Wir sind in der heutigen Zeit immer wieder enormen Ablenkungen ausgesetzt, die uns am Weiterkommen hindern. Nehmen wir das Handy her. Es einzusetzen ist ja grundsätzlich ok. Aber bei einem Gespräch mit Freunden weiterhin ins Smartphone zu glotzen, zeigt erstens eindeutiges Desinteresse am Gespräch, zweitens lenkt es uns ordentlich ab und es erschwert uns dem gesprochenen Wort zu folgen. Oder wir werden laufend bei der Arbeit durch Getratsche der Kollegen oder durch schlechte Nachrichten aus dem Radio abgelenkt. Wobei den Frauen ja nachgesagt wird, dass sie Multitasking beherrschen. Und lustigerweise können Männer das jetzt auch – Fernsehen, währenddessen im iPad nachsehen und Nachrichten via Handy versenden. Kein Thema, oder? Wir glauben wir können das. Unser Hirn kann es aber nicht. Das Gehirn arbeitet immer noch analog, nicht digital. Es verarbeitet Informationen nicht parallel, sondern hintereinander. Also Fernsehen, dann iPad lesen, dann Fernsehen, dann iPad lesen,… immer abwechselnd. Dieser ständige Wechsel ist anstrengend und verursacht Stress, denn es ist Arbeit pur für unsere Gehirnzellen. Wir mussten seit jeher viele Dinge parallel erledigen, jedoch gleicht die heutige Zeit einem Marathon. Und diese Hochleistungsgeschwindigkeit führt zu Fehlern.