Das Alter als Hürde bei der Jobsuche

Woche Pfob ÄdiWenn man mit 56 Jahren zum alten Eisen zählt und am Arbeitsmarkt nicht mehr gefragt ist, tut das weh. Und es ist für mich schwer verständlich, wie man Erfahrungen und trainierte Kompetenzen als Unternehmen nicht nutzen will. Im Vordergrund steht dann immer, dass diese Mitarbeiter zu viel verdienen, dass sich deren Krankenstände häufen und dass sie sich nicht mehr so leicht anpassen. Wie sicher kann man sein, dass das auf alle über 50jährigen zutrifft? Erstaunlicherweise trifft dieses Gedankengut nicht auf PolitikerInnen und Vorstände zu, die dürfen sejr wohl alt sein und viel Geld verlangen. Nur die drunter nicht, das muss man schon verstehen, denn dann bleibt ja für die da oben nicht so viel über. Ich entschuldige mich für mein Unverständnis, wie kann man nur so hirnlos durch die Gegend rennen. 

In Österreich haben wir gelernt immer auf hinderliche Aspekte zu schauen und diese über die Masse drüber zustülpen. Und übersehen dabei, was wir dadurch vergeuden. Es geht mir nicht ein, wie man zahlreiche Fähigkeiten von Menschen degradieren lässt, indem man ihnen weitere Trainingsmöglichkeiten aberkennt. Sie lieber auf die Wartebank setzt und zusieht, wie die Fähigkeiten langsam aber sicher verschwinden. Ich sage immer „die Alten kennen die Abkürzung“, „die Jungen bringen den Esprit“, diese beiden Talente gehören vereint, damit etwas Neues entstehen kann. Die Evolution sieht das Lernen aus Bestehendem vor, jeder und alles leistet seinen Beitrag und wir Menschen sind so blöd und lassen wichtige Erkenntnisse im wahrsten Sinn des Worten am Arbeitslosenmarkt verrotten.

Mir tut das in der Seele weh, wenn ich Menschen im Bewerbungskontext kennen lerne und miterlebe, das Wille, Engagement und Interesse mit Füssen getreten werden. Ich bestreite auch gar nicht, dass es eine große Zahl an älteren Bewerbern gibt, die gar nicht mehr wollen und hoffen, dass keiner sie anstellen möchte. Eine Frage möchte ich an dieser Stelle in den Raum werfen: „Welchen Beitrag hat die Gesellschaft und Arbeitswelt geleistet, dass diese Leute die Schnauze vom Arbeiten gestrichen voll haben?“ Aber jetzt zurück zu den Arbeitswilligen. Kennen Sie das Unternehmen „Vita Needle“? Dort werden Nadeln produziert, kleine feine Nadeln – Altersdurchschnitt der Mitarbeiter liegt bei 75 Jahren. Die meisten würden sagen, für diese Produktion sind alte Menschen nicht geeignet. Mit recht. Aber ihr Qualitätsbewusstsein, ihre Loyalität und ihre Freude an der Gemeinschaft, als auch das  „noch etwas nutze zu sein“-Gefühl wirken sich positiv auf die Arbeit auf. Jeder arbeitet so viel Zeit, wie es sein körperlicher Zustand zulässt. Und die steile Treppe zum Arbeitsplatz meistern sie gemeinsam, eine kleine Hürde, die bei einem „nicht mehr überwinden“ deutlich macht, dass die Zeit wirklich gekommen ist, sich endgültig zur Ruhe zu setzen.

Wenn wir ältere Menschen nicht mehr in den Arbeitsprozess einbinden, verlieren wir nicht nur wichtige Kompetenzen, sondern machen uns auch mitschuldig, wenn zig Menschen deshalb depressiv werden, weil sie nicht mehr gebraucht fühlen und mit der vielen Zeit plötzlich nichts mehr anzufangen wissen.

Sollten Sie zu jenen Menschen zählen, die 100e Bewerbungen rauslassen, die keine Früchte tragen, hören sie einfach damit auf. Bitte, ändern Sie Ihre Strategie. Es gibt nichts Schlimmeres als von dem mehr zu tun, was nichts bringt. Wenn wir das, was nicht funktioniert, weiterhin verfolgen, sind Frust und Demotivation die Folgen. Die Spirale dreht sich nach unten. Überlegen Sie sich stattdessen, wie kann ich trotz meines Alters einen guten Job finden? Je weniger man gefragt ist, desto mehr muss man seine Kompetenzen unter beweis stellen. Natürlich können wir Personalentscheider als dumm oder inkompetent bezeichnen, aber was bringt das, das ändert nichts an der Situation, dass man keine Arbeit hat. Sie können sich stattdessen auch überlegen, welche Meinungen hindern Unternehmen sich für ältere Menschen zu entscheiden. Und genau bei diesen Punkten mit guten Gegenargumenten wirken beginnen. Hören wir auf, anderen Menschen für ihre Meinung böse zu sein. Jeder von uns besitzt Schubladendenken, das aufgrund Erfahrungen entstanden ist, langsam gewachsen, kann man nicht verlangen, dass der andere seine Meinung rasch über Board wirft. Das kann die Person nur dann tun, wenn wir triftige Argumente und Beweise liefern. Wir müssen uns selbst in die Gänge bringen, die anderen tun es nicht für uns, leider. Das ist auf der einen Seite die bittere Wahrheit, auf der anderen Seite bin ich froh, nicht ganz dem System ausgeliefert zu sein.

Also wie können Sie zeigen, dass Ihre Kompetenzen mehr Geld wert sind, oder dass Sie nicht mehr kosten als ein Junger? Wie können Sie beweisen, dass Sie sich sehr wohl in ein neues Unternehmen gut eingliedern können? Wie können Sie am besten überzeugen, dass Sie „kerngesund“ sind? Wovon profitiert ein Unternehmen genau nur aufgrund Ihres Alters? Welche Fakten sprechen für eine erfahrene Mitarbeiterin? Müssen Sie sich einen neuen Job schaffen, den es in dieser Form noch gar nicht gibt? Bei welchen Trends können Sie punkten?

Ich würde ja den provokativen Weg wählen. „Ich bin eine alte Schachtel! Meine Fähigkeiten liegen in den Bereichen……, womit ich für Sie…… erreiche. Wenn Sie das nicht brauchen, bitte auf meine Bewerbung nicht antworten. Sie landen dann auf einer Liste mit Unternehmen, die 55 plus Talente nicht brauchen, denn es liegt mir fern Sie weiterhin zu belästigen. Wenn Sie mein Alter hingegen nicht abschreckt, dann verrate ich Ihnen in einem Gespräch, …. (neue nutzbringende Idee für das Unternehmen erwähnen). PS: Ich verspreche auch mich jung zu kleiden, damit Sie bei anderen Unternehmen nicht als Verräter gelten ;-). Mir geht nämlich dieses vertuschen, die Dinge nicht ehrlich aussprechen auf den Geist, das halte ich gar nicht aus. Den Wind aus den Segeln nehmen, entspricht mehr meiner Mentalität.

Vielleicht kommen Sie auch auf die Ideen, den Omi/Opi Effekt zu nutzen, wenn es um Lehrlinge geht, weil Sie einen besonderen Zugang zu Pubertierenden haben, den Sie beweisen können. Oder man bildet im Unternehmen eine Mentorengruppe der „Weisen“, die Wissen neuen Mitarbeitern weitergibt. Man kann auch Verbesserungsvorschläge liefern. Dabei bitte aufpassen, dass man dem anderen nicht auf den Schlipps tritt, Österreicher sind sehr empfindlich. Aber alles was mehr Geld bringt, oder spart, ist willkommen.

Keiner weiß, wie lange ein Mitarbeiter bleibt. Nicht nur bei der 55+ Gruppe, auch bei anderen steht es in Frage, ob jemand länger als 5 Jahre bleibt. Nur bei den 55+ Leuten ist die Austrittszeit, aufgrund der bevorstehenden Pension, klarer sichtbar. Bei allen anderen versucht man den Trend, das man in Zukunft öfters den Job wechseln wird, als bisher, erfolgreich zu ignorieren.

Also legen Sie los, finden Sie alternative Wege zu einem Job zu kommen und vielleicht ist es auch an der Zeit sich zu überlegen, ob man nicht ein Hobby zum Beruf machen möchte. Mal ehrlich, das Arbeitslosengeld ist einem in diesem Alter sicher, wenn ich nicht falsch liege. Natürlich wünschen sich die meisten noch einen bezahlten Job, weil da mehr Geld drinnen ist. Aber bevor man zu Hause dahin frustet, sucht man sich doch besser ein attraktives Betätigungsfeld. Und wenn doch noch der Job kommt, freut man sich einfach und weiß mit Pensionseintritt, was man mit der vielen Freizeit anfängt.

Und wenn Ihnen etwas Interessantes für Bewerbungen für alte Schachteln 😉  (die gibt es doch gar nicht, oder?) einfällt, freue ich mich auf Ihre Idee unter office@doria.at. Treten Sie aus der Reihe, in die erste Reihe, damit machen Sie mich glücklich. Und dafür bin ich als Karrierecoach da. http://www.doria.at